10. Schwäbisches Lehrer- und Erziehersymposion im November 2011

Thema: „Inklusion fängt im Kopf an“

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Augsburg. Am 26. März 2009 trat die UN-Behindertenrechtskonvention in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Seitdem ist das Thema „Inklusion“ in aller Munde und wird vor allem in schulischen Kreisen bezüglich der Umsetzbarkeit kontrovers diskutiert. Um sich ein Bild von gelungener Inklusion zu machen, lud die Katholische Erziehergemeinschaft (KEG) Schwaben Prof. Dr. Hans Wocken aus Hamburg als Gastredner zum 10. Schwäbischen Lehrer- und Erziehersymposion am vergangenen Wochenende ein. „Wie kann Inklusion gelingen?“ lautete das Thema seines Referats, zu dem die KEG-Bezirksvorsitzende Ursula Kiefersauer über 200 Teilnehmer im Haus St. Ulrich begrüßen konnte. Damit ließ die KEG einen überzeugten Verfechter der Inklusion von Kindern mit Behinderung, allerdings an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, zu Wort kommen.

 

 

Beginnend mit Art. 3 (3) des Grundgesetzes „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ betonte Prof. Dr. Wocken, es sei ein Gebot der Gerechtigkeit, dass allen Menschen der Zugang zu Bildung möglich sein muss. Das „Haus der Inklusion“ ist für ihn ein „Haus der Vielfalt“, dessen Dach von den drei Säulen „Kinder, Unterricht und Pädagogen“ getragen wird. Mehrfach zeigte er an Beispielen auf, dass Kinder mit Behinderung eine Bereicherung der Klassen darstellen können. „Die neue, inklusive Schule muss aber nicht geträumt, sondern neu gedacht und in konkrete Pläne übersetzt werden.“ Immer wieder äußerte er in seinem Vortrag, dass in Regelschulen die notwendige materielle Ausstattung und personelle Unterstützung verfügbar sein müssten, damit alle Kinder ihren individuellen Möglichkeiten entsprechend gefördert werden könnten. Hans Wocken erläuterte: „Wenn eine inklusive Kindergruppe so vielfältig und heterogen ist, muss auch notwendigerweise die unterrichtliche Umwelt äußerst vielgestaltig und mannigfaltig sein.“ Dies bedeute auch, dass eine Kooperation der Pädagogen stattfinden und soziale Netzwerke geschaffen werden müssten, um eine aktive Teilnahme aller Kinder möglich zu machen. „Inklusion fängt im Kopf an.“ und ist auch eine gesellschaftliche Aufgabe, war die Botschaft, die Wocken überzeugend vermittelte.

In der anschließenden Diskussionsrunde einiger Fachleute und Betroffener, die Katrin Fleischmann versiert leitete, machten diese deutlich, dass die Annahme der UN-Behindertenresolution aus ihrer Sicht überfällig sei. Vertreten waren in der Runde: Prof. Dr. Pius Thoma, Leiter des Forums für inklusive Strukturen an Schulen, (FISS), Hans Kratzer (Rektor des Sonderpädagogischen Förderzentrums Gersthofen), Ursula Fleischmann (Rektorin Grundschule Deisenhausen mit Schulprofil „Inklusive Schule“), Elke Sontheimer, zuständig für die Inklusions-Kindertagesstätte St. Gabriel in Füssen), Martina Buchschuster (Rechtsanwältin, Mutter und Vorsitzende von „elwela. gemeinsam leben - gemeinsam lernen, Augsburg und Schwaben e.V.“) und Stefan Martin (Bac. Kom., Student aus Salzburg, der als Blinder in einer Regelschule war).

In den Statements betroffener Eltern, die eine Teilnahme ihrer Kinder mit Behinderungen einschließlich deren Schulbegleiter an einer ortsnahen Schule mühsam „erkämpften“, wurde erkennbar, dass insbesondere höhere Bildung für Behinderte keine Normalität darstellt. Gerade Kinder mit Behinderung, die auf ihr soziales Umfeld in hohem Maße angewiesen sind, müssen oft weite Wege zurücklegen. Besonders bewegend war der Erfahrungsbericht von Stefan Martin, der seine Teilnahme als Blinder am Unterricht in einer Regelschule der Beharrlichkeit und Ausdauer seiner Eltern zu verdanken hatte. Besonders schwierig gestalteten sich seine Aufnahme an eine weiterführende Schule und die Zulassung für das Studium, obwohl technische Hilfsmittel inzwischen vieles leichter machen. In der Runde wurde klar, dass nun ein Austausch unterschiedlicher Stellen notwendig ist, um die Resolution sinnvoll umzusetzen.

Die KEG-Bezirksvorsitzende Ursula Kiefersauer dankte in ihren abschließenden Worten den Podiumsgästen und den zahlreichen Zuhörern für ihr Kommen und ihr engagiertes Eintreten für die inklusive Arbeit. Sie stellte u. a. die Forderungen der KEG heraus, dass bei allen Überlegungen das Wohl des Kindes und nicht der Spargedanke im Mittelpunkt stehen müssen. Inklusion dürfe nicht auf die Schule und Kindertagesstätten verengt werden, sondern sei eine gesellschaftliche Aufgabe, damit Menschen mit Behinderungen an allen Lebensbereichen teilhaben können.

Bericht: Elisabeth Schmid, 86316 Friedberg, Wiffertshauser Str. 66
Bilder: Karl Landherr, 86470 Thannhausen, Zeppelinstr. 16

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Auf dem Podium diskutierten beim KEG-Symposion über Inklusion v.l.n.r. Hans Kratzer, Dr. Pius Thoma, Ursula Fleischmann, Stefan Martin, Moderatorin Katrin Fleischmann, Elke Sontheimer, Martina Buchschuster und Prof. Dr. Hans Wocken